Behrensen
Die Geschichte der Ortschaft Behrensen
Behrensen, wie wir es heute kennen, liegt im Süden des Landes Niedersachsen zwischen den Höhenzügen Leineholz und Weper, am Rande des s.g. „Moringer Becken“. Ein namensgleicher Ort befindet sich bei Coppenbrügge. Verkehrstechnisch befindet sich Behrensen westlich in unmittelbarer Nähe der Autobahn 7, die in Nord/Südrichtung verläuft und an der Kreisstrasse 425.
Seit Mitte des 19. Jahrhunderts war der Ort eine eigenständig verwaltete Gemeinde und gehört seit 1974 politisch zur Stadt Moringen und hat derzeit 224 Einwohner.
Wie an späterer Stelle noch gelesen werden kann, soll der Ort bereits im frühen Mittelalter gesicherte Erwähnung in alten Urkunden gefunden haben.
Es darf aber angenommen werden, dass eine Besiedlung bereits vor 4000 bis 5000 Jahren, ähnlich wie in den Nachbargemeinden Großenrode und Hevensen, stattgefunden hat. Davon dürfte eventuellauch ein bekanntes Bodendenkmal südlich des Ortes zeugen, welches noch gesichert für die Zukunft unter der Ackerkrume liegt. Dieser genannte Ort hat die Form eines Kreises und weist innerhalb drei rechteckige Flächen, vielleicht Reste ehemaliger Hütten auf.
Aber auch zur Zeit der Völkerwanderungen dürften sich hier in unserem Bereich schon die Kelten, Cherusker und Chatten aufgehalten haben. Das erkennt man oftmals an alten Flur- und Gewässerbezeichnungen, wie „Espolde“, „Leine“, „Moore“ und „Beeke“. Auch gefundene Bronzeteile scheinen dies zu bestätigen. Zumindest bis zum Eintreffen der römischen Legionen, fristeten die später „Germanen“ genannten Siedler sicherlich bei uns in der Wildnis ein karges Dasein, denn auf Grund fehlender Handelswege galt die Gegend als eher unterentwickelt.
Dass die römischen Legionäre später auch bei uns waren, lassen die Heerlager bei Hedemünden und Kampfplätze am Harzhorn bei Kalefeld/Düderode (Altes Amt) vermuten, denn die Römer legten am Tag ca. 15-20 Kilometer Fußmarsch zurück, das wären bis in unsere Gegend 2 Tagesmärsche. Unterstützt wird dies durch einen Fund eines römischen Artefakts in Form einer Münze oder Fiebel in Ortsnähe. Leider wurden durch die Germanen keine schriftlichen Aufzeichnungen gefertigt, so dass wir uns auf Berichte der Geschichtsschreiber der Römer verlassen müssen. Und diese kannten wahrscheinlich noch kein Behrensen.
Dieser Ort wurde offenbar Anfang des 11. Jahrhunderts gegründet. Zumindest wurde der Name in Urkunden des Staatsarchivs in Hannover gefunden. Leider gibt es zwei Jahresdaten, die sich noch nicht genau zuordnen lassen. Zum Einen soll der Name „Beringatehusen“ bereits 1022 in einer Urkunde des Kaiser’s Heinrich des II. erwähnt worden sein. Da wäre Behrensen jetzt über 1000 Jahre alt. Zum Anderen wird das Jahr 1250 genannt, in dem ein „Behrend“ durch den Herzog von Braunschweig Lüneburg, Otto dem Kind“ zum Ritter geschlagen wurde. Aus alten Schriften ist erkennbar, dass dieser „Behrend“ zusammen mit dem Grafen von Hardenberg zur Bewältigung der vielen Fehden dem Herzog ständig Hilfe leistete. Der Ort seiner Unterkunft lag damals offenbar nördlich des Baches „Ümmel“.
In der 1479 stattgefundenen Städtefehde zwischen Einbeck und Göttingen, wurde das alte Dorf des Geschlechtes „Behrend“ dann durch Brand zerstört, wobei die Göttinger erstmals Kanonen wie die „Scharpe Grete“ eingesetzt haben. Wann das Geschlecht des Ritters Behrend ausstarb, ist bis heute leider noch nicht bekannt. Das Dorf selber wurde südlich der Ümmel, an dem jetzigen Standort wieder aufgebaut. Durch eine seltene Landkartenausstellung im Museum Northeim konnte festgestellt werden, dass die Schreibweise des Namens „Behrensen“ im Laufe der Jahrhunderte oftmals variierte. So wurde es z.B. „Bernersen“, „Bernhusen“ oder „Bernssen“ genannt.
Fest steht, dass die Behrenser niemals Untertanen des Hardenberger Hofes waren. Hier war ein „Meierhof“ vorhanden, der zu dem Deutschen Ritterorden der Commende in Göttingen gehörte. Zeugnisse für die Abgabe eines „Zehnten“ gibt es aus dem Jahr 1333. Danach tauchen auch bereits alte Familiennamen wie Hartge, Eggers, Heise oder Molthan auf.
Kirchlich gehörte der Ort zur Kirchengemeine Hevensen, musste für Prediger und Schulmeister dafür Pfand abgeben. Nach der Brandschatzung wurde südlich der „Ümmel“ auf dem s.g. „Sandberg“ um 1570 wieder eine kleine Kapelle errichtet. Vor der Reformationszeit gehörte Behrensen zum Erzbistum Mainz. Dies zeigt auch ein alter Stein aus dem Jahr 1570 mit dem Mainzer Wappen in der 1870 neuerbauten Kapelle. Architekt war der berühmte Baumeister Conrad Wilhelm Hase, der z.B. auch das Schloß Marienburg baute. Ein altes Taufbecken aus dem Jahr 1609 stammte noch aus der alten Kapelle und verzeichnet den Namen des damaligen Pastors aus Hevensen, Johann Sprengel. Der Friedhof befand sich lange Zeit direkt daneben. Während der Renovierung in den 1960er Jahren wurde auf dem Dachboden ein unscheinbares „Brett“ gefunden. Eine Überprüfung brachte ein Bild eines noch unbekannten Malers über das Abendmahl hervor, dass offensichtlich aus dem 15. Jahrhundert stammte und jetzt im restaurierten Zustand den Altar der Kapelle schmückt.
Dass die Behrenser vor Katastrophen nicht verschont blieben, zeigen kirchliche Aufzeichnungen über die Pest im Jahre 1597, die viele Familien dezimierte. Seuchen wie Cholera und Typhus taten danach den Rest. Aber auch furchtbare Kriege wie der 30-jährige hinterließen ihre Spuren. Besonders die ländliche Bevölkerung musste leiden und viel unschuldiges Volk wurde getötet. Unsere 500 Jahre alte, unter Naturschutz stehende Gerichtseiche könnte vermutlich viele grausige Geschichten erzählen. Unersetzliche Schriften wurden vernichtet und wurden teils als Streu für die Pferde benutzt. Der Krieg war auch der Grund, warum der Ort Mörliehausen, der wohl nordwestlich von Behrensen in Richtung Thüdinghausen lag, wüst viel. Die Einwohner verteilten sich auf Behrensen, Großenrode und Thüdinghausen. Erst durch den westfälischen Frieden 1648 kehrte Ruhe ein. Dann kamen 1756 die Franzosen und die Gegner in das Gebiet und wüteten ebenfalls wieder schrecklich.
Aber die Entwicklung ging weiter und so stellte sich auch Behrensen auf viele Neuerungen ein. Das Dorf wuchs und musste sich der Moderne und der technischen Entwicklung anpassen. Ab 1891 wurden Straßen und Wege befestigt, die oftmals nicht mehr befahrbar waren und in denen vorher die Jauche bis zur „Ümmel“ floß. Viele Brunnen und Gewässer waren verunreinigt und trugen zur Ausbreitung von Krankheiten bei. Nach einer Beschwerde eines Einwohners 1892 beim Gemeinderat wurden die Straßen dann neu befestigt und es gab einen Straßenwärter (Herr Ludolph), der sich um den Erhalt kümmerte.
1899 plante und zahlte man im Voraus 400,- Reichsmark für einen geplanten und gedachten Kleinbahnanschluß mit Güterbahnhof in Behrensen. Die Bahn sollte von Nörten- Hardenberg nach Markoldendorf führen. Leider wurde die Bahn dann auf eine andere Route verlegt, sonst hätten die Behrenser jetzt wahrscheinlich einen Bahnhof. 1901 wurde das erste Telefon beim Bürgermeister installiert und man war nun mit der Welt verbunden. Über dieses wurden z.B. Feueralarme gemeldet.
1902 schaffte man sich eine Feuerlöschspritze an, fand die Einrichtung einer freiwilligen Feuerwehr zu dieser Zeit aber nicht bezahlbar. Also gab es eine Pflichtfeuerwehr, die bis 1959 bestand. Erst dann wurde eine Freiwillige Feuerwehr gegründet. Ab 1919 wurde das Dorf elektrisch überirdisch verkabelt und die Petroleumlampen standen vor dem Aus. Im Dorf wurden 49 Holzmasten errichtet. 24 Licht und 9 Starkstromanschlüsse wurden installiert. Wenn sich auch viele erst an die neue Energie gewöhnen mussten, so schaffte sie auch Erleichterung, denn die Landwirte konnten nun elektrische Motoren zur Bewegung der großen Maschinen einsetzen. Am neuen Transformatorenhaus konnte der Bürgermeister später sogar die Beleuchtung schalten, damit man bei Feierlichkeiten nachts gut nach Haus kam.
1927 wurde dem Anschluß an die Wasserleitung der Pohlsburgquelle zugestimmt. Die alten 22 Dorf- und „Prahlbrunnen“, an denen sich die Müßigen sehr oft trafen und Neuigkeiten austauschten, verloren zum größten Teil ihre Funktion, denn jedes Haus hatte nun fließendes Wasser, welches auch heute noch aus der Pohlburgquelle stammt. Die Brunnen selber wurden sehr oft zugeschüttet und dadurch unbrauchbar gemacht, was in unserer Zeit als sehr bedauerlich angesehen wird. Aber als Beispiel einer Reaktivierung gilt der Brunnen am Thie, wo das Bushäuschen steht. Nach der Neugestaltung des Platzes im Jahr 1992/93 gruben Kameraden der Feuerwehr den einst 12 m tiefen Brunnen bis auf 7 m wieder frei. Er fing sofort an zu sprudeln und läuft bis zum heutige Tage, auch im Winter, über. Eine alte Schwengelpumpe wurde restauriert und ziert heute noch funktionierend den Brunnen. Abwasserleitungen wurden in den 60 Jahren gelegt und Gräben verrohrt. Eine Zisterne wurde gebaut, sodass Schmutzwasser nicht mehr in die „Ümmel“ gelangen konnte.
Natürlich erreichte die Behrenser auch die beiden schrecklichen Weltkriege, die das Gefüge der Welt verändern sollten. Viele junge Männer aus Behrensen verloren ihr Leben oder werden bis heute vermißt. Ein Ehrenmal an der Kapelle, welches teilweise durch Spenden finanziert wurde, und eine Namenstafel im Innern zeigen deren Namen auf. Wie auch in anderen Orten kommt es am Volkstrauertag in Behrensen noch zu einer Kranzniederlegung.
Und auch die „braune Zeit“ ging an Behrensen nicht vorbei, Unterlagen sind aber oftmals vor dem Eintreffen der anschließenden Besatzungsmächte vernichtet worden. Geschehnisse, wenn man denn welche erfahren möchte, müssen den einschlägigen Zeitungen (Völkischer Beobachter) der damaligen Zeit entnommen werden. Aber auch in Behrensen gab es Versammlungen, Gauleiter und Mädelführerinnen. Auffällig war auch der Fahnenschmuck, wenn unter dem Hakenkreuz plötzlich die Hannoversche Fahne auftauchte, weil man sich den Hannoveranern verbunden fühlte und den verlorenen Krieg 1866 gegen Preussen nicht vergessen konnte. Auf dem jetzigen Sportplatz befand sich auch ein Muster „Maiden“-Lager des RAD. Hier waren 60 junge Frauen untergebracht, die ihren Arbeitsdienst verrichten mussten. Nach Angaben der älteren Einwohner sorgten diese Mädels für manchen Spaß im Ort. Am 21. April 1945 maschierten dann die Amerikaner im Dorf ein.
Aber am und nach dem Ende des Krieges ging es wieder bergauf. Zunächst allerdings mit der Einwohnerzahl, denn viele ertriebene aus den ehemaligen ostdeutschen Gebieten und Bewohner der zerbombten Städte mußten aufgenommen und untergebracht werden. Die Zeit der Lebensmittelmarken ging weiter. Vieles wurde immer noch rationiert. Das hielt einige Jahre an. Man musste notgedrungen teilen, was schon bei dem Abgrasen der Wegränder und Gräben begann.
Behrensen erholte sich aber wieder und nach und nach zogen die Flüchtlinge weiter und das Leben normalisierte sich wieder.
Im Jahr 1959 sollte Behrensen dann in den Genuß eines Gemeindewappens kommen. Dabei soll sich der Landwirt August Keese um die Entwicklung sehr verdient gemacht haben. Das Behrenser Wappen zeigt einen Pferdekopf und Ähren als Zeichen für die landwirtschaftliche Vergangenheit. Diese scheint nun fast vorbei zu sein, denn es gibt von vielen damaligen Vollerwerbshöfen nur noch einen, aber kein Milchvieh mehr. Viele Grenzsteine wurden gefunden, ausgegraben und gereinigt und zeigen noch heute die ländlichen Grenzen mit den Buchstaben „HH“ für die Hardenberger und „AM“ für Amt Moringen. Unsere Besucher können heute beim Durchfahren unsere schönen, geschnitzten und bemalten Wappenschilder an den Ortseingängen sehen, die von dem Bewohner Gerhard Schulz hergestellt und durch den Schützenverein 1992 aufgestellt wurden. Seit 2022 gibt es auch innerhalb des Ortes Hinweise auf den Werdegang des Ortes. Dies geschah im Rahmen der Dorferneuerung. Das die Behrenser ein lustiges Völkchen waren und sind, zeigen die vielen Vereine im Ort. Da gab es den
- Männergesangsverein von 1921-1954, der seit dieser Zeit ruht
- den Mandolinenclub junger Männer, die gut feiern konnten, aber nicht lange bestanden
- den Club der Gemütlichkeit von 1923 (zwei Krüge sind vorhanden)
- den Landjugendbund
- den Kriegerverein
- die Kyffhäuser
- die Sonntagskegler
- und gibt es
- den Kleinkaliber Schützenverein von 1928
- die Freiwillige Feuerwehr von 1959 mit starker Wettkampfgruppe
- den Junggesellenclub von 1961
- den Senioren Club.
Diese sorgten und sorgen immer noch für so manches Vergnügen im Dorf. Regelmäßig gab es Veranstaltungen, Feiern und Dorfbälle, Theateraufführungen im Saal Hilke, Weihnachtsfeiern, die sich großer Beliebtheit erfreuten. Heute sind es überwiegend der Schützenverein, die Feuerwehr und der JCB, die das gesellige Leben aufrecht erhalten.
Nacheinander 5 Gaststätten gab es in den letzten 150 Jahren im Ort, von denen das Gasthaus „Zur Krone“ als letztes noch bis Dezember 2023 existierte. In diesen Gaststätten trafen sich auch oftmals Amtsträger, um für die Einwohner Kontrakte zu verfassen. Viele Kirmesfeiern wurden veranstaltet und man traf sich zum Kartenspielen. Das letzte Lokal mit dem Wirt Karl Otte, wurde von den Gästen liebevoll „Landgasthaus Otte“ genannt. Die Gaststätte wurde 1930 durch den Gastwirt Hilke an den Saal angebaut und war überall bekannt. Wie in vielen Ortschaften gab es auch die verschiedensten Gewerbebetriebe:
- Dachdecker
- Friseure
- eine Molkerei (1929)
- Schreinereien
- Schmiede mit Tankstelle
- Kolonialwarenladen
- ein Fischladen
- Stellmacher und
- eine Post waren angesiedelt.
Auch heute gibt es noch
- einen Malerbetrieb,
- eine Zimmerei
- Dachdecker
- Baumdoktor
- Hebamme und andere.
Das erste Schulhaus entstand bereits 1675 neben der Kapelle. Vorher gingen die Schüler bei Wind und Wetter zur Nachbargemeinde Hevensen. Zwei weitere sollten in den Jahrhunderten folgen. Letztlich gab es ab 1953 die Schule am hohen Hügel, in der bis zur Gebietsreform viele Schüler unterrichtet wurden. Dann schloß die Schule und wurde zum Dorfgemeinschaftshaus umfunktioniert.
Viel Platz nahmen die Sitten und Gebräuche im Ort ein und man war sich der Tradition sehr wohl bewußt. Natürlich ähnelten sich die Gebräuche in den Ortschaften und es gab immer jemanden der verstand, sie auszuführen. Ob nun der Fasslabend, die Fastnacht, die Osterfreuden, der Umzug des Pfingstochsen, das Kranzstechen, der Krautweihtag und die Neujahrsfeiern. Oftmals waren es die jungen Leute, die diese Feierlichkeiten unterstützten und natürlich ausnutzten, um so manchen Spaß im Dorf haben zu können. Und so wird es hoffentlich noch lange weitergehen.
Quellen: „Blaues Buch“ Chronik Behrensen, Archiv Stadt Northeim (Zeitungen NNN, HNA, Moringer Zeitung, Weperkurier, Völkischer Beobachter) Gemeindebriefe der ev.-luth. Kirchengemeinde Hevensen-Lutterhausen, Schriftenreihe „Der Harz und Südniedersachsen“.